„Viel Glück im neuen Jahr“ „auf ein glückliches Jahr“, „dies wird endlich ein glückliches Jahr“, so lauten wieder viele Neujahrswünsche und Vorsätze, in der frohen Hoffnung, dass ab jetzt alles anders wird. Was für ein schönes Gefühl, wenn das neue Jahr vor einem liegt wie ein unbeschriebenes Blatt! Das hat den Charme, dass wir gefühlt alle Fehler und alles Unangenehme vom letzten Jahr einfach auslöschen können. Die neue Chance, das Wunschgewicht zu erreichen, die ersehnte Beförderung zu bekommen, alles anders zu machen, endlich glücklich zu werden! In den Social Media wird dies mit zahlreichen Weisheiten und Motivationssprüchen befeuert: „Sei jetzt glücklich, nicht irgendwann“, „jeder kann es schaffen“, „du musst es nur wollen“, „Dein Mindset entscheidet“ etc.

Glücklich über Nacht?

Es klingt alles so einfach –  wie wenn wir über Nacht für immer glücklich sein und nie wieder Probleme haben könnten. Es gibt dann auch immer irgendeine neue Methode am Markt, meist die ultimative Coaching-Methode, die innerhalb von Sekunden Wunder bewirken und das Leben von Grund auf verändern kann. Das Angebot ist unendlich groß, man verliert sich leicht in dem Dschungel an Webinaren, Online-Kursen und Live-Videos: Instant Happiness auf Mausklick, oft gegen astronomische Bezahlung. Wie einfach war es doch früher, als die Menschen auf der Suche nach Glück und Sinn schlichtweg in die Kirche gegangen sind! Sonntag 10:00 Uhr, keine Diskussion, keine Ausreden. Aber natürlich genauso zwangbehaftet wie heute die Selbstoptimierung. Eines steht fest: die Suche nach Sinn und Glück zieht sich durch alle Generationen.

Doch wonach suchen wir? Nach einem Leben ohne Probleme? Oder dem einen Trick, der uns für immer Glück und gute Laune verspricht? Nach himmelhochjauchzend, carpe diem, jeden Tag leben, wie es der letzte wäre? In dem Fall hätte ich schon mein Erspartes zusammen gekratzt und säße jetzt mit meinen Lieblingsmenschen cocktailtrinkend bei Sonnenuntergang auf den Seychellen – vielleicht würde ich noch einen schönen Joint dazu rauchen, denn auf gesundes Leben kommt es dann ja auch nicht mehr an. Aber das war wohl eher nicht damit gemeint, als der römische Dichter Horaz vor langer Zeit diesen Spruch formulierte – ohne auch nur zu ahnen, wie oft er damit später zitiert werden würde.

Auch in anderer Hinsicht artet die Suche nach Perfektion und Selbstoptimierung bei manchen schon ins Paradoxe aus: Burnout? Macht nix, denn in der Reha kann man ja direkt das Buch dazu schreiben und mit Ruhm glänzen. Investmentbanker, abgestürzt, zu viel gearbeitet? Da wird dann der vorherige Workaholic halt zum Achtsamkeitstrainer oder Entspannungscoach, betreibt dies aber mit genauso viel Perfektionswahn wie vorher das Management von Investment-Fonds. Der Antrieb scheint weniger die innere Erkenntnis zu sein, sondern der gleiche Wunsch nach Ruhm und Anerkennung wie vorher auch.

Die Glückssuche als reiner Zeitfresser?

Doch so oder so: Menschen, die sich auf der Suche nach dem Glück zu sehr anstrengen und sich zu viel vornehmen, erreichen das Gegenteil. Sie haben am Ende unter anderem das Gefühl, keine Zeit zu haben. Und das trägt nicht gerade zu persönlicher Zufriedenheit bei. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie der Rutgers University Newark und University of Toronto im März 2018. Sie machten vier Online-Studien mit je 100 bis 300 Teilnehmern. Dabei wurden die Probanden in Gruppen eingeteilt, deren Fokus entweder auf der Glückssuche oder aber auf dem Anerkennen bereits vorhandenen Glücks lag.

Das Fazit: Diejenigen, die das Glück als eine Art Ziel ansahen, das nur mit großem und ständigen Einsatz erreichbar ist, empfanden dies als zeitaufwändig und anstrengend. Für sie war die Suche nach dem Glück eher kontraproduktiv. Diejenigen, die sich schon als zufrieden bezeichneten bzw. das wertschätzten, was bereits da war, hatten weniger das Gefühl, dass ihnen die Zeit davon rennt und waren allgemein zufriedener.

Wirksamer für die persönliche Zufriedenheit scheint also eher die Wertschätzung dessen, was bereits da ist, statt irgendeinem „Glücksziel“ hinterher zu rennen – womit sich bestätigt, dass Dankbarkeit einer der wichtigsten Faktoren für Zufriedenheit ist (siehe auch den Blogartikel zum Thema „Dankbarkeit“). Genauso scheint Zeit ein wichtiger Glücksfaktor zu sein. Die Autoren der Studie empfehlen, lieber dafür zu sorgen, dass man mehr Zeit hat, statt sich noch mehr für irgendetwas „anzustrengen“.

Wahres Glück ist nicht perfekt

Auch der Therapeut und Autor Russ Harris aus Melbourne stellt in seinem neuesten Buchtitel die These auf: „Wer dem Glück hinterher rennt, läuft daran vorbei.“ Er ist der Meinung, dass unsere Vorstellungen über das Glück uns eher unglücklich machen. Er arbeitet mit der sogenannten „Akzeptanz- und Commitment-Therapie“ (ACT), bei der es darum geht, auch unangenehme Gedanken und Gefühle als Teil des Erlebens anzunehmen, statt sie zu verdrängen oder zu bewerten. Dabei helfen unter anderem Techniken der Achtsamkeit und der Meditation.

Glücklich sein, ohne es zu sehr zu wollen – geht das?

Womit wir wieder bei den alten Weisheiten gelandet sind. Die Buddhisten haben schon lange erkannt, dass es nicht darum geht, immer gute Gefühle oder Erlebnisse zu haben, sondern vielmehr darum, die Bewertung loszulassen und alles anzunehmen wie es ist. Für sie gibt es keine positiven oder negativen Gefühle, sondern alles ist einfach da. Ihnen zufolge bringt „Anhaftung“ – also auch die Suche nach einem bestimmten Glückszustand – nur Leiden mit sich, während ein „neutraler Geist“ uns die Dinge so zu nehmen hilft, wie sie nun mal sind. Ähnlich ist es in der Yoga-Philosophie.

Auch ganz praktisch gedacht finde ich den Vergleich zum Yoga sehr hilfreich für die Glückssuche. Denn beim Yoga haben wir zwar eine bestimmte Motivation, aber es gibt kein Ziel zu erreichen. Wir wollen bei uns selbst ankommen, uns körperlich stärken, fit bleiben, aber es geht nicht darum, Höchstleistung zu bringen. In dem Moment, in dem wir Yoga praktizieren, denken wir nicht ständig daran, was wir erreichen wollen, sondern wir versinken ganz in der Haltung, im Hier und Jetzt. Wir kommen runter und wir kommen an. Nachsicht und Achtsamkeit sind dabei wichtige Elemente, etwas erzwingen wollen bringt nichts.

Die erwünschten Wirkungen geschehen ganz nebenbei, durch die regelmäßige Praxis: Die Körperspannung erhöht sich, die Gesundheit verbessert sich, Rückenschmerzen gehen zurück. Doch das bedeutet nicht, dass wir dann mit Yoga aufhören. Yoga ist kein Ziel, sondern ein Weg.

Der „Yogische Glückspfad“

Ganz ähnlich lässt sich auch die „Suche nach dem Glück“ – wenn man es denn überhaupt so nennen kann – angehen: Es ist gut, wenn du eine Vorstellung davon hast, was dich glücklich macht und wie du leben möchtest. Und dann zu schauen, welche kleinen, täglichen Gewohnheitsveränderungen oder Rituale dir helfen, eine solche Lebensweise und Haltung anzunehmen. Und geschehen zu lassen. Dabei nicht die eine große Veränderung erwarten, sondern den Weg genießen, Schritt für Schritt.

Rückschläge gehören dazu. Trauer, Wut, Ärger, alle Gefühle und Stimmungen dürfen da sein, auch Trägheit oder fehlende Disziplin. Mach dich nicht selbst noch runter, wenn es mal nicht so läuft, sondern sei achtsam und nachsichtig mit dir selbst und bleibe dran. Du musst auch nicht jeden Tag so leben, wie wenn es der letzte wäre. Manchmal reicht es auch, wenn du dir ab und zu etwas Schönes vornimmst, was dein Herz erfreut.

Lass Glück in deinem Leben geschehen, ohne dass es in Stress ausartet! Erlaube dir, zu sein, zu vertrauen und geschehen zu lassen. Und dich auch mal entspannt zurück zu lehnen.

Namasté Angela

 

Drei Fragen für den „Yogischen Glückspfad“

1. Welche Werte tragen für dich zu deiner persönlichen Zufriedenheit bei?
Zum Beispiel: Freude, Gelassenheit, Klarheit, Erfolg, Zeit, Ruhe, Frieden, Exzellenz, Inspiration, Humor etc.

2. Wie hättest du es gerne, um zu zufrieden zu sein?
Schreibe zu den für dich relevanten Lebensbereichen (Beruf, Gesundheit, Beziehung etc.) je 1-3 Sätze auf – positiv formuliert und in Gegenwartsform.

3. Welche kleinen täglichen Rituale können dich dabei unterstützen, in eine solche Zufriedenheitshaltung hinein zu kommen?
Liste spontan auf, was dir einfällt und wähle dann eines davon aus, das dir im Moment besonders wichtig erscheint. Beginne noch heute damit, spätestens jedoch innerhalb der nächsten 48 Stunden.

Mehr davon?

In dem Online-Kurs „Aktiviere dein inneres Glück“ hast du die Möglichkeit, für dich herauszufinden, was dich glücklich macht und mit Unterstützung von kleinen täglichen Ritualen deinem Weg zu folgen. Und um es gleich vorweg zu nehmen: ich verspreche dir NICHT, dass du mit diesem Kurs von heute auf morgen glücklich wirst. Aber ich möchte dich mit diesem Kurs dabei begleiten, einen Anfang zu machen und dich neu auszurichten.

Entspannt, achtsam und zufrieden – das ist auch das Motto auf den Happiness Yoga Ferien – hier kannst du eine Woche lang abschalten und dich gleichzeitig inspirieren lassen, dein Leben neu auszurichten und den Weg einzuschlagen, der dich glücklich macht.

Buchtipp

Russ Harris: Wer dem Glück hinterherrennt, läuft daran vorbei: Ein Umdenkbuch

 

3 Kommentare
  1. Birgitt
    Birgitt sagte:

    Danke, liebe Angela, es ist sehr interessant und wohltuend Deinen Block etc zu lesen Namaste

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] Dankbarkeit ist einer der wichtigsten Schlüssel zum glücklich sein. Immer wieder betone ich dies in meinen Seminaren und Kursen und habe diesem Thema bereits einen eigenen Blogartikel gewidmet. Viele Menschen stehen sich jedoch selbst im Weg, weil sie in die „hedonistische Falle“ geraten: Wenn sie ein Ziel erreicht haben (z.B. eine Beförderung), tritt der Gewöhnungseffekt ein. Sie wissen das Erreichte nicht mehr zu schätzen und das nächste Ziel muss her. So rennen sie ständig irgendwelchen Zielen hinterher, ohne wirkliche Erfüllung zu finden (siehe auch „Die Paradoxie des Glücks – hinterher rennen bringt nichts“). […]

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