scheitern

Diesen Blogartikel schreibe ich schonmal vorsorglich, denn es könnte sein, dass ich demnächst scheitere. Nein, es könnte nicht sein, es wird früher oder später so sein! Ich hoffe natürlich auf eher später als früher. In diesem Fall geht es um den Speaker Wettbewerb, zu dem ich mich angemeldet habe. Ich dachte mir einfach, ach, sende mal ein Video ein, versuchen kannst du es ja mal.

Erst als es dann an die ersten Ausscheidungsrunden ging, wurde mir klar: Hilfe, ich kann ja jederzeit scheitern! Dann kamen Gedanken wie „Oje, dann blamiere ich mich ja total! Was sollen die Leute bloß denken, wenn ich sie alle mobilisiere und dann mit Pauken und Trompeten scheitere?“ Plötzlich habe ich mich völlig unter Erfolgsdruck gefühlt, obwohl doch alles einfach leicht und locker sein sollte. Ein kleiner Spaß nebenbei.

Nur wer es nie versucht, kann nicht scheitern

Doch plötzlich wurde mir auch mehr denn je klar: Die einzige Möglichkeit, nicht zu scheitern wäre, es gar nicht erst zu versuchen! Doch was passiert, wenn wir nie irgendetwas versuchen?

  • Wir gehen nie eine Beziehung ein, denn sie könnte ja scheitern
  • Wir erleben nie etwas Neues, denn es könnte ja schiefgehen
  • Wir verwirklichen niemals einen Lebenstraum oder auch nur irgendein Projekt, da es ja sein könnte, dass es im Sande verläuft
  • Wir starten nie einen Kurs oder eine Ausbildung, weil wir ja mittendrin aufgeben könnten.

Kurzum: wir würden im besten Falle ein vorhersehbares, seichtes, dahinplätscherndes Leben führen, bei dem wir völlig unter unseren Möglichkeiten bleiben und niemals die Beziehung, die Berufung oder den Lebenstraum finden könnten, die für uns bestimmt sind! Im schlimmsten Falle würden uns trotzdem im Leben Schicksalsschläge und Krisen begegnen – denn die totale Sicherheit gibt es einfach nicht!

Dann doch lieber ab und zu mal scheitern, oder? Und das Geniale dabei: Je öfter wir scheitern, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass wir unsere Ziele und Träume erreichen und umsetzen! Es kommt also gar nicht darauf an, nicht zu scheitern, sondern im Gegenteil so oft zu scheitern, bis wir erfolgreich sind!

Scheitern will gelernt sein

Doch wir haben es so eben nie gelernt: Mein Sohn lernt in der Schule immer noch, dass eine Zwei gut ist und eine Vier schlecht, und dass man es nur mit Zweien auf das Gymnasium schaffen kann. Wäre es nicht schön, wenn eine „schlechte Note“ einfach als ein weiterer Schritt zum Erfolg gesehen werden könnte? Das fällt selbst mir als Mama noch schwer. Generell fällt es uns offenbar schwer, „richtig“ zu scheitern. Gerade in Deutschland herrscht immer noch die Grundeinstellung, dass man auf keinen Fall scheitern darf.

Eine Studie der Universität Hohenheim (Andeas Kuckertz, Christoph Mandl und Martin P. Allmendinger) hat herausgefunden: 42 Prozent der Deutschen sind der Meinung: „Man sollte kein Unternehmen gründen, wenn das Risiko des Scheiterns besteht.“ Und wenn es dann doch mal passiert, dann spricht man lieber nicht drüber: Scheitern ist hier ein Tabu-Thema. Schaut man dagegen in die USA, dann hat Scheitern dort eine ganz andere Bedeutung: All die Ideen, die im Silicon Valley tagtäglich neu hervorsprießen, haben vor allem deshalb eine Chance, weil sie das mögliche Scheitern mit einkalkulieren.

Scheitern scheint also eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Erfolg zu sein. Also gilt doch viel eher:

Es geht nicht darum, nicht zu scheitern, sondern auf die richtige Art zu scheitern!

Vier Anregungen, um erfolgreich zu scheitern

Wie können wir also nicht nur scheitern, sondern „erfolgreich“ scheitern? Hier ein paar Anregungen dazu:

  1. Das Geschenk im Scheitern sehen

In der Resilienzforschung hat man erkannt: Es geht nicht darum, weniger Probleme oder Krisen im Leben zu haben. Resilient sind die Menschen, die mit Problemen, Krisen – und eben auch Scheitern – gut und konstruktiv umgehen können. Wer nach einmal Scheitern resigniert und nie wieder etwas versucht, wird immer unzufriedener werden. Doch wer immer wieder aufsteht und weiß, dass es ihn oder sie nicht umhaut, wird keine Angst mehr vor dem Scheitern haben. Der Autor Charles R. Swindoll sagt dazu: „Leben ist zu 10 Prozent was passiert und zu 90 Prozent wie wir reagieren.“ Wir haben immer die Möglichkeit, zu wählen: ob wir uns als Opfer sehen, die halt immer Pech haben, oder ob wir in jeder Krise, in jedem Scheitern, auch ein Geschenk sehen können. Mit jedem Scheitern wachsen wir.

Osho sagte mal dazu: „Wenn du die Wahl hast, entscheide dich immer für das Neue, Unbekannte. Selbst wenn du dabei leidest, wirst du daran wachsen und lernen.“

  1. Wenn dein Pferd tot ist, steige ab

Manchmal kann die Angst vor dem Scheitern jedoch auch dazu führen, dass wir zu verbissen an einem bestimmten Projekt oder einer Aufgabe festhalten – selbst wenn die Aussicht auf Erfolg nur noch gering ist. Dann kommt irgendwann der Punkt, an dem wir nur noch Zeit und Ressourcen verschwenden. Die Kunst ist es, zu erkennen, wann es sich lohnt, dranzubleiben und wann wir es besser sein lassen sollten.

Viele Menschen halten zum Beispiel an Beziehungen fest, die längst tot sind – wegen der Kinder, wegen des Hauses oder aus Angst vor dem allein sein. Vielleicht auch, weil sie sich das „Scheitern“ ihrer Beziehung nicht eingestehen wollen.

Umgekehrt habe ich in meiner Selbständigkeit immer wieder Momente gehabt, in denen ich fast aufgegeben hätte. Doch irgendwie wusste ich innerlich immer, dass dies mein Weg ist. Also habe ich weitergemacht. Heute bereue ich es nicht. Trotzdem scheitern auch immer wieder einige meiner Ideen und Projekte, die ich anstoße, oder sie verlaufen im Sande.

Stelle dir also immer die Frage: kann das Pferd  – das Projekt, die Beziehung, das Produkt – noch reanimiert werden, oder sollte man hier lieber keine Zeit und Herzblut mehr verschwenden? Und wenn das Pferd tot ist, dann steige würdevoll ab und sieh es als weitere Lernerfahrung.

  1. Nach vorne schauen, nicht nach hinten

Als ich damals meinen Job verloren habe, habe ich mir sehr lange den Kopf zermartert mit Fragen wie: Was hätte ich anders machen können, was habe ich falsch gemacht, was wäre wenn…? Klar, eine klare Analyse und die ungeschönte Betrachtung der „Lessons learned“ sind wichtig. Aber dann gilt es auch wieder, nach vorne zu schauen und das Gelernte auf neue Ideen und Projekte anzuwenden. Und nein, es ist nicht unser „Schicksal“, immer wieder zu scheitern. Viel zu lange habe ich das damals geglaubt.

Mach mal eine Bestandsanalyse und schreibe dir auf, wobei du gescheitert bist und was du erfolgreich gemeistert hast. Ich bin mir sicher, dass du vieles finden wirst, bei dem du erfolgreich warst. Schreibe die Liste mindestens so lang, bis du mehr Erfolgserlebnisse als Niederlagen gefunden hast! Und vielleicht sind ja auch aus einigen „Niederlagen“ am Ende Erfolgserlebnisse geworden?

  1. Scheitern trainieren

Vermeide nicht das Scheitern, sondern ändere deine Einstellung dazu. Auch hierzu hat Osho etwas gesagt, was ich sehr passend finde:

„Mache so viele Fehler wie möglich. Aber mache jeden Fehler nur einmal.“

Mit „Scheitern trainieren“ meine ich nicht, ständig was Neues anzufangen und es sofort wieder hinzuschmeißen, wenn es mal nicht so glatt läuft wie erwartet. Sondern damit meine ich, den Mut aufzubringen, Neues zu wagen, Herausforderungen anzunehmen, auch wenn du scheitern könntest. Also dranzubleiben, das Beste zu geben, dein Herzblut hinein zu geben und nicht sofort aufzugeben. Und gleichzeitig immer wieder zu prüfen: Werden die Samen, die ich säe, aufgehen? Ist die Freude, die ich daran habe, noch größer als die Anstrengung? Brenne ich noch so sehr dafür, das ich auch mühselige Phasen gut überstehe? Und wie schaffe ich es, die Begeisterung zu halten und motiviert zu bleiben?

Wenn du keine Angst mehr vor dem Scheitern hast, dann stehen dir alle Türen offen. Ich wünsche dir viel Erfolg beim Scheitern!

„Ich kann scheitern akzeptieren. Jeder scheitert bei etwas. Aber was ich nicht akzeptieren kann ist, es nicht versucht zu haben.“ Michael Jordan

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