Neulich hat mir eine Freundin erzählt, wie sie in ein heftiges Burnout geschlittert ist. Sie ist alleinerziehend, hatte während der Pandemie großen Stress, um ihre zwei Kinder unterzubringen, während sie selbst arbeiten musste. Kurz darauf erfuhr sie, dass sie aus ihrer Wohnung raus muss und hat sich dann zu guter Letzt noch am Knöchel verletzt. Na Halleluja. Es gibt Momente im Leben, da kommt alles gleichzeitig. Wenn wir dann nicht seelisch und körperlich stabil sind, kann es passieren, dass alles über uns zusammen bricht und der letzte Funken an Zuversicht in uns verglüht – sprich, dass wir wortwörtlich „ausbrennen“.
Die Folgen der Pandemie lassen grüßen
Neben solchen privaten Herausforderungen macht vielen Menschen aber auch die Situation in der Welt – Krieg, Krise, Inflation – zu schaffen. 60% der Deutschen haben Zukunftsangst. Viele von uns können nachts nicht mehr schlafen, weil sie sich im Bett wälzen und grübeln. Der weltweite Stresslevel ist laut Gallup-Institut mit 44% mehr als doppelt so hoch wie vor der Pandemie. Laut Mental Health Report fühlen sich 56% der Deutschen niedergeschlagen, 51% können sich über nichts mehr freuen und 44% haben gar keine positiven Gedanken mehr. Die Ausfallquote durch Krankmeldungen war in 2022 mit 5,5% so hoch wie nie zuvor, der dritthäufigste Grund dafür sind psychische Krankheiten wie Depressionen oder Angstzustände. Viele von uns gehen körperlich und auch mental auf dem Zahnfleisch.
Der neue Fluch des Home Office
Natürlich hat es auch Vorteile, dass viele Menschen dank Corona überhaupt Home Office machen können und ihr Arbeitsplatz nun bequem in wenigen Schritten vom Bett zum Schreibtisch erreichbar ist. Aber auch das bringt Nachteile mit sich: Die Trennung zwischen Berufs- und Privatleben ist bei vielen völlig verwischt. Immer wieder bekomme ich in meinem Umfeld mit, dass Menschen krank sind – manchmal sogar an Corona selbst – und dennoch aus Pflichtgefühl ganz normal von zu Hause aus weiterarbeiten.
Kleine natürliche Pausen und Rituale, die es im Büroalltag gibt, fallen weg: Der kurze spontane Plausch in der Kaffeeküche, der kleine Gang mit Kolleg:innen um den Block nach der Kantine oder eben das Abschalten anhand von Lesen oder Musik hören auf dem Arbeitsweg. Wenn die Arbeit nicht geschafft ist, bis die Kinder zu Hause sind, dann müssen diese eben „nebenher laufen“ und sich beschäftigen.
Wer hat den besten Freizeitkick?
Hinzu kommt, dass auch unser Freizeitleben wieder zu einer kleinen „schneller – höher – weiter“ Challenge geworden ist. Gab es während der Pandemie für viele eine kurze Rückbesinnung zu „back to the roots“ mit Spaziergängen, Uno spielen, kochen und Fahrradtouren ins Grüne, so wird heute wieder auf Insta gehyped, welche tollen Konzerte und Restaurants wir besuchen und wer den coolsten Urlaub macht. Siehe auch Blogartikel „vergleichen macht unglücklich“
All diese Entwicklungen haben eines gemeinsam: sie stressen uns. Und sie können schlimme Folgen haben: Wenn wir nicht umdenken und uns darüber klar werden, was uns Kraft gibt, was uns wichtig ist und wie wir leben wollen, dann landen wir sehr schnell in dem Hamsterrad: wir wollen unser Leben optimieren, uns beruflich reinhängen, erfolgreich sein, aber dazu auch noch perfekte Mami, Lebenspartnerin und Social-Media-wirksame Freizeitgestalterin sein. Vielleicht merken wir es erstmal gar nicht. Aber wenn wir in diesem Hamsterrad weiterrennen, dann kann das im Burnout enden.
Fear of Missing Out – Social Media Burnout
Durch die immens gestiegene Nutzung von Social Media und deren Folgen ist sogar noch eine weitere Variante des Burnout entstanden: der „Social Media Burnout“. Studien zeigen, dass die Intensivnutzung von Instagram und co. Stress und Schlafprobleme verursacht und das Immunsystem schwächt. Dies resultiert vor allem aus der ständigen Informationsflut, die einhergeht mit der Angst, etwas zu verpassen. Hinzu kommt, dass wir durch die perfekten Bilder eine Welt vorgegaukelt bekommen, die nicht real ist, sondern inszeniert wird. Sie wird uns aber als real suggeriert, und so haben wir das ständige Gefühl, nicht gut genug, schön genug oder aufregend genug zu sein. Ein „Social Media Burnout“ ist wie eine Sucht, die sich Schritt für Schritt in unser Verhalten einschleicht und uns wie mechanisch schon vor dem Aufstehen durch Instagram scrollen lässt.
Diese oder auch andere Faktoren können dazu führen, dass wir auf allen Ebenen „ausbrennen“ – dass wir körperlich und emotional erschöpft und zu nichts mehr richtig imstande sind. Burnout ist keine offizielle Krankheit, sondern eine Diagnose, aus der sich psychische oder psychosomatische Störungen entwickeln können. Mögliche Folgen sind Depressionen, Angststörungen oder körperliche Beschwerden wie hoher Blutdruck, Herz- und Magenbeschwerden oder Kopfschmerzen.
Was ist ein Burnout?
Der Begriff Burnout wurde 1974 von dem Psychoanalytiker Herbert Freudenberger in New York eingeführt. Im Gegensatz zu chronischem Stress ist Burnout vor allem auch mit emotionaler Erschöpfung verbunden. Burnout entsteht, wenn Menschen sich für etwas einsetzen und in ihrem Anliegen keinerlei Wertschätzung oder Erfolge ernten. So entsteht ein Kreislauf aus sich noch mehr anstrengen, ausbleibender Belohnung und steigender Frustration.
Der Burnout-Kreislauf
Wenn eines der folgenden Merkmale auf deine Situation zutrifft, solltest du aufhorchen und dir möglichst Beratung und / oder Begleitung suchen:
De-Personalisierung:
Wenn Menschen sich nicht mehr so wie vorher mit ihrer Tätigkeit identifizieren bzw. das Interesse verloren haben, droht Burn-Out. Zum Beispiel beginnen Pflegekräfte aus Frust darüber, nicht genügend Zeit für ihre Patient:innen zu haben, unpersönlich und harsch zu werden. Oder Menschen, die im sozialen Bereich arbeiten, werden gleichgültig angesichts der Probleme, die sie eh nicht ändern können.
Emotionale Erschöpfung:
Diese liegt dann vor, wenn Menschen bei Kleinigkeiten in Tränen ausbrechen oder einen Wutanfall bekommen. Auch, wenn sie depressiv sind und sich an den kleinen Dingen des Lebens – Sonne, schöne Begegnungen, Aufmerksamkeiten der Kinder – nicht mehr freuen können. In dem Fall könnte dies auf emotionale Erschöpfung zurückzuführen sein.
Verringerte Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit:
Dies äußert sich darin, dass Menschen sich nicht mehr konzentrieren können, Dinge vor sich herschieben, schnell müde werden oder sehr lange brauchen für ganz normale Aufgaben. Auch dies sind alarmierende Zeichen dafür, dass ein Burnout vorliegen könnte.
Etwas ausführlicher findest du die verschiedenen Stufen auf dem Weg ins Burnout in dieser Abbildung. Hier kannst du überprüfen, ob etwas davon für dich zutrifft.
Was tun bei Burnout?
Wenn das Stadium Burnout erreicht ist, also nichts mehr geht, dann helfen ein paar Wochen Urlaub oder ein Wellness-Wochenende nicht mehr weiter. Meist sind mehrwöchige Reha-Aufenthalte und eine komplette Umstellung des Lebensstils erforderlich. Das kostet nicht nur Arbeitgeber und die Gesellschaft viel Geld, sondern vor allem die Betroffenen viel Leid, verlorene Zeit und mühseliges Wiedereinfinden in ein normales Leben.
Was können wir also tun, um es erst gar nicht so weit kommen zu lassen? Wichtig ist es bei der Burn-Out-Prävention, nicht nur Strategien für Stress-Management anzuwenden oder Stress zu vermeiden, sondern körperlich und mental dafür zu sorgen, gelassener und gesünder zu leben und mit Frust und Enttäuschung besser umgehen zu lernen. Wir sollten sowohl auf körperlicher als auch auf mentaler Ebene dafür sorgen, dass wir unser Akku immer wieder aufladen und nicht überstrapazieren. Mit anderen Worten: unsere Resilienz stärken. Hier ein paar Anregungen dazu:
Gesundheitsbewusste Lebensweise
Um unsere Ressourcen zu stärken, gehört es natürlich dazu, sich gesund zu ernähren, Risikofaktoren wie Alkohol, Rauchen oder Fast Food zu vermeiden und für genügend Schlaf zu sorgen. Weiterhin helfen folgende Methoden, um sich selbst wieder mit Energie aufzuladen.
Atemtechniken
In vielen traditionellen Konzepten geht man davon aus, dass der Atem (z.B. „Prana“ im Yoga) uns mit Lebensenergie versorgt. Dafür ist es wichtig, nicht durchgehend flach und schnell zu atmen (wie es oft unter Stress geschieht), sondern zwischendurch bewusst tief, lang und langsam zu atmen. Siehe auch Blogartikel „Atem – das unterschätzte Wunderwerkzeug“
Die Lunge sorgt dafür, dass genügend Sauerstoff in unsere Zellen gelangt und der Abtransport von abgelagerten Giftstoffen ermöglicht wird. Verschiedene Mediziner:innen sind davon überzeugt, dass die meisten Krankheiten vor allem entstehen, wenn die Zellen des Körpers nicht mit genügend Sauerstoff versorgt werden. Durch Atemübungen – wie sie z.B. im Yoga praktiziert werden – lässt sich dies vermeiden.
Bewegung
Bewegung ist nicht nur körperlich gesund, sondern erhöht auch die Stimmung. Sie ist das beste Ventil, um aufgestauten Stress abzubauen und Emotionen rauszulassen. Das wiederum stärkt das emotionale Wohlbefinden. Durch Sport oder Bewegung aktivierst du zunächst das sympathische Nervensystem und bringst den Körper in (positiven) Stress. Danach wird automatisch das parasympathische Nervensystem in Gang gesetzt und somit die Erholung aktiviert.
Entspannung
Unser System funktioniert am besten, wenn wir dafür sorgen, dass Aktivität und Entspannung im ausgewogenen Verhältnis stehen. Jede Form von dauerhafter Anspannung führt langfristig zu chronischem Stress und unter bestimmten Umständen auch zu Burn-Out. Um die eigenen Ressourcen wieder aufzuladen hilft alles, was uns entspannt. Das kann der Spaziergang im Wald sein, der Saunagang, aber auch gezielte Entspannungsübungen oder geführte Meditationen (siehe hier…).
Selbstwirksamkeit trainieren
Eine „hohe Selbstwirksamkeitserwartung“ ist einer der wichtigsten Resilienzfaktoren. Damit ist zum einen gemeint, dass wir imstande sind, unser Leben, unsere Stimmung und unser Glück selbst zu beeinflussen und daran zu glauben. Genauso wichtig ist es jedoch, Klarheit über die eigenen Ziele, Wünsche, Werte und Visionen zu haben. Menschen, die eine klare Vorstellung davon haben, wie sie leben wollen, lassen sich auch nicht mehr vom ständig erzählten „schneller-höher-weiter“- Märchen ablenken oder gar herunterziehen. Sie wissen, was sie wollen, was sie glücklich macht, und sie gehen selbstbestimmt ihren Weg (Unterstützung dazu findest du hier…)
Positive Innere Einstellung
Wenn wir lernen, auch unter „widrigen Umständen“ gelassen zu bleiben (siehe Blogartikel zu Gelassenheit), dann stärkt dies unsere mentale Kraft und wir schaffen es leichter, uns nicht unterkriegen zu lassen. Um dauerhaft eine positive innere Einstellung zu bewahren, ist es wichtig, unser Gehirn immer wieder in einen positiven emotionalen Zustand zu versetzen. Dies geht nicht immer per Willenskraft, aber mit einem kleinen „Trick“ – nämlich Lächeln und Lachen.
Lächeln und Lachen
Durch Lächeln und Lachen können wir anhand der körperlichen Aktivität dafür sorgen, dass unsere Stimmung sich innerhalb von kürzester Zeit verändert. Selbst wenn wir absichtlich ein Lachen initiieren – also auch dann, wenn es keinen Grund zum Lachen gibt – werden im Gehirn Glückshormone aktiviert, und wir kommen innerhalb von kürzester Zeit in eine andere Stimmung und in einen positiven Gefühlszustand. Wir können Dinge gelassener sehen und ärgern uns nicht mehr so schnell. Und ganz nebenbei profitieren wir noch von den gesundheitlichen Vorteilen des Lachens (siehe auch den Blogartikel „Lachen“).
Atem, Bewegung, Entspannung, Lachen: Der Königsweg
Wenn du diese 4 Elemente der Prävention in deinen Tagesablauf integrieren kannst – neben gesunder Ernährung, genügend Schlaf und erfüllenden sozialen Kontakten – dann reduzierst du die Gefahr eines Burnouts erheblich.
Und wenn du bewusst auf dich selbst achtest und immer wieder mal inne hältst und dich fragst, wo du stehst und was du für deine Gelassenheit tun kannst, dann wirst du schnell erkennen, falls du dich auf dem Weg in ein Burnout befinden solltest. Und du kannst gegensteuern. Dabei ist es hilfreich, wenn du Menschen in deinem Umfeld hast, die dich dabei unterstützen.
SMILE – and the World changes
Du möchtest die oben genannten Techniken lernen und sie effektiv anwenden? Du möchtest gelassener werden, deine Resilienz stärken und wieder mehr Freude und Spaß am Leben haben? Dich mit Gleichgesinnten sinnvoll austauschen? Dann komm in das SMILE-Programm und mach jetzt den Happiness Check!
„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Reinhold Niebuhr
Danke für deine Frage! Ich denke, das sind immer mehrere Faktoren, die zusammenkommen, wobei das Fehlen von Wertschätzung nicht alleiniger Faktor ist und man sicherlich auch TROTZ Wertschätzung in ein Burnout schlittern kann.
Burnout entsteht, wenn Menschen sich für etwas einsetzen und in ihrem Anliegen keinerlei Wertschätzung oder Erfolge ernten.
Gehen dem Burnout immer das Fehlen von Wertschätzung einher?